Das Cogan-I-Syndrom wurde erstmals 1945 von David G. Cogan (geb. 1908), einem Ophtalmologen (Augenarzt) aus Boston, beschrieben. Er definierte als erster die Kombination einer nicht syphilitischen interstitiellen (im Zwischengewebe liegend) Keratitis (Hornhautentzündung des Auges) und einer cochleo-vestibulären (das Innenohr und den Gleichgewichtssinn betreffend, den VIII. Hirnnerv betreffenden) Störung als Krankheitseinheit. 1934 hatten Mogan und Baumgartner die progrediente (fortschreitender) Schwerhörigkeit mit Schwindel, Erbrechen und Tinnitus noch als atypischen Morbus Menière, die durch Augensymptomatik kompliziert wurde, interpretiert. (Massinger & Keilmann, 2003, S. 66)

 

 

Das Cogan-I-Syndrom wird unterschieden in:

„typisches Cogan-I-Syndrom“ und „atypisches Cogan-I-Syndrom“.

 

Das „typische Cogan-I-Syndrom“ ist definiert nach gemeinsamem Auftreten von Augen- und Ohrensymptomatik mit folgenden Anzeichen:

(*Unbekannte medizinische Fachbegriffe sind am Ende der Seite näher erläutert.)

nicht-luetische interstitielle Keratitis* sowie geringe Uveitis* (Entzündung der mittleren Augenhaut, umfasst die Aderhaut des Auges, Corpus ciliare (Ziliarkörper) und Iris, die Regenbogenhaut des Auges) und anderen Augensymptomen wie Augenbrennen, Augenschmerzen, Lichtscheuheit und Verschlechterung des Sehvermögens kombiniert mit audio-vestibulärer Störungen ähnlich einer Menière-Erkrankung (Verschlechterung des Hörvermögens, Tinnitus, Schwindel, Erbrechen, Spontannystagmus) und progredienter (fortschreitender) Innenohrschwerhörigkeit mit bis zu vollständiger Taubheit innerhalb von zwei Jahren.

 

Das „atypische Cogan-I-Syndrom“ ist definiert, wenn die Augen und / oder das Ohr andersartig betroffen sind oder wenn deren Symptomatik in einem Abstand von mehr als 2 Jahren beginnt. „Insbesondere Patienten, bei denen die ophthalmologischen (die Augen betreffend) und vestibulokochleären (den Gleichgewichtssinn und das Innenohr bettreffend) Störungen zeitlich getrennt auftreten, werden nicht als Cogan- I-Patienten erkannt. Auch eine symptomatische Behandlung mit lokaler okulärer Cortisonapplikation (lokale Behandlung der Augen mit Cortison) kann das Krankheitsbild verwischen.“ (Massinger & Keilmann, 2003, S. 69)

 

Weitere Symptome: In 2/3 der Fälle sind weitere Organe betroffen. 1/3 der Fälle hat eine generalisierte Symptomatik, die an eine Vaskulitis* erinnert. Neben der schon beschriebenen Augen- und Ohrsymptomatik treten häufig Allgemeinsymptome auf wie Fieber, Zephalgie*, Myalgie* und Arthritis*. Am häufigsten werden Symptome von Herz und Kreislauf, von Muskulatur und Skelett sowie neurologische, gastrointestinale* und mukokutane* Symptome genannt. Bei 10-20% der Patienten konnten lokale oder generalisierte Gefäßentzündungen mit Aortitis* und Aorteninsuffizienz*, Myokardinfarkt* sowie Veränderungen der Mesenterial-*, ZNS-*, Nieren-, Milz- und Digitalgefäße diagnostiziert werden. Durch gezielte Untersuchungen können in manchen Fällen Entzündungszeichen und / oder immunologische Anomalien aufgedeckt werden. Es gibt keinen krankheitsspezifischen Labortest. Der Pathomechanismus ist unbekannt, Cogan-I-Syndrom wird demnach auch den Autoimmunerkrankungen zugeordnet.

 

 

Prognose:

Die Prognose des Cogan-I-Syndroms wird durch das Risiko einer völligen Taubheit und durch kardiovaskuläre Komplikationen, hauptsächlich einer Aorteninsuffizienz*, bestimmt. Das Cogan-I-Syndrom tritt in allen Altersgruppen auf, wird meistens im jungen Erwachsenenalter diagnostiziert. Patienten beiderlei Geschlechts sind fast gleich häufig betroffen. Die Mortalität des Cogan-I-Syndroms liegt nach Literaturangaben bei 10%.

Wichtiger Hinweis:

Bei völliger Ertaubung oder der Diagnose an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit ist eine rasche bilaterale Versorgung mit Cochlea-Implantaten* indiziert, da es bei Cogan-I-Syndrom-Betroffenen zu einer Ossifikation der Cochlea / Schnecke kommen kann. (Aschendorff u. a. / 2004)

 

 

Abgrenzung zum Cogan-II-Syndrom:

Das Cogan-II-Syndrom ist eine seltene, angeborene Form der okulomotorischen Apraxie = Unfähigkeit / Störung von Handlungs- und Bewegungsabläufen der Augen. Die Symptome zeigen eine Unfähigkeit zur Ausführung koordinierter horizontaler Augenbewegungen in die einer raschen seitlichen Kopfbewegung entgegengesetzten Richtung. (Pschyrembel, 1998). Das Cogan-II-Syndrom hat keine Parallelen zum Cogan-I-Syndrom, ist eine davon völlig abzugrenzende Erkrankung.

 


 

Kurze Erläuterungen der medizinischen Begriffe in alphabetischer Reihenfolge:

| A |

Arthralgien: Gelenkschmerzen

 

Arthriden: Gelenkentzündungen mit Schmerzen, Schwellung, Überwärmung, Bewegungseinschränkung, Gelenkerguss, Rötung

 

Aortitis: Entzündung der Aorta, der großen Körperschlagader, der Hauptschlagader

 

Aorteninsuffizienz: Herzklappenfehler mit Schlussunfähigkeit der Aortenklappen

 

audio-vestibulär: das Ohr und den Gleichgewichtssinn betreffend

 

| C |

Cochlea-Implantat: Innenohrprothese

 

| E |

Exantheme: entzündliche Hautveränderung auf größeren Bereichen der äußeren Haut

 

| G |

gastrointestiale Störungen: den Magen und Darm betreffend

 

vaskulär bedingte gastrointestinale Ulcera: den Magen und Darm betreffend / Geschwür, Substanzdefekt der Haut oder Schleimhaut

 

| I |

interstitiell: im Zwischengewebe liegend

 

| K |

Keratitis: Hornhautentzündung des Auges

 

| L |

luetisch/nicht-luetisch: nicht syphilitisch

 

Lymphome: Lymphknotenvergrößerung

 

| M |

Mesenterial: zum Mesenterium gehörig: zum Dünndarmgekröse gehörend

 

mukokutan: die Schleimhaut und Haut betreffend

 

Mortalität: Sterblichkeit

 

Myalgien: diffuser oder lokalisierter Muskelschmerz

 

Myokardinfarkt: Myokard: muskuläre Wand des Herzens

 

| P |

Pathomechanismus: Patho = bedeutet Schmerz, Krankheit

 

Perikarditis: Herzbeutelentzündung

 

Polyserositis: gleichzeitige Entzündung mehrerer oder aller seriöser Häute: z. B. Perikarditis (Herzbeutelentzündung), Pleuritis (Brustfellentzündung) und Peritonitis (Bauchfellentzündung)

 

| S |

Splenomegalie: Milzschwellung, auch sog. Milztumor; Vergrößerung der Milz

 

| U |

Uveitis: Entzündung der mittleren Augenhaut, umfasst die Aderhaut des Auges, Corpus ciliare (Ziliarkörper) und Iris, die Regenbogenhaut des Auges

 

| V |

Vaskulitiden: (bei ca. 20% der Patienten entzündliche Reaktionen, die von der Wand der Blutgefäße ihren Ausgang nehmen und diese hauptsächlich betreffen

 

| Z |

Zephalgie: Kopfschmerz

 

ZNS: Zentral-Nerven-System